Wiedererkennung ist die Steigerung der Erkennung: Wir Menschen verknüpfen ganz automatisch visuelle Muster mit den Zusammenhängen, in denen sie ­stehen oder in denen wir sie erlernt haben. Deswegen erkennen wir beispielsweise ohne das geringste Problem ein bekanntes Gesicht in einer Menschen­menge. In der Einsatzfahrzeug-Gestaltung wird dieser Effekt genutzt, um eine schnellere Reaktion anderer Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer zu erreichen: Ein Feuerwehr-, ein Rettungsdienst, ein Polizeifahrzeug sollen schnellstmöglich als solche erkannt werden. Wiederkehrende visuelle Muster sind hierfür zentral.

Für ein gutes Fuhrpark-Design ist dieser Aspekt aber nur die halbe Miete. Idealerweise transportieren die Fahrzeuge mit Hilfe ihrer Gestaltung eben nicht nur ihren Status als Einsatzfahrzeug, sondern immer auch noch eine weitere Botschaft.

Lokaler Bezug

Oftmals ist das ein lokaler Bezug. Durch einen solchen wird aus einem ganz normalen Löschfahrzeug ein Löschfahrzeug unserer Feuerwehr, aus einem ganz normalen NEF das Fahrzeug unseres Notarztes.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der lokale Bezug richtig einge­setzt wird. Die gewählte Symbolik muss spezifisch, allgemein verständ­lich und positiv besetzt sein. Anders gesagt: Ein nichtssagender Funktionsbau, über dessen Sanierung die Kom­munalpolitik seit Jahrzehnten ergebnislos streitet, eignet sich in der Regel nicht als Element für die Einsatzfahrzeuge der örtlichen Feuerwehr.

Markenbotschafter

Bei Werkfeuerwehren und -rettungsdiensten ist der Bezugsrahmen hingegen normalerweise die Corporate Identity des jeweiligen Unternehmens und die in dieser festgehaltenen Gestaltungsregeln. Diese mit den allgemeinen Grundlagen für ein gutes Einsatzfahrzeug-Design zusammenzuführen ist eine Aufgabe, die Kompetenz im Umgang mit Marken und gestalterischem Fingerspitzengefühl benötigt, um ein Ergebnis zu erzielen, das sowohl den Anforderungen der Unternehmenskommunikation, als auch denen der Einsatzsicherheit gerecht wird.

…und Emotionen

Während – grob vereinfacht – das Layout für Sicherheit und die Elemente für den Bezugsrahmen zuständig sind, können über die konkrete Formensprache und die Auswahl der Typografie noch einmal zusätzlich Emotionen transportiert werden.

»Weichere« Formen werden zum Beispiel in der Regel als freundlicher und aufgeschlossener wahrgenommen, »härtere« erzeugen eher Distanz und Respekt. Dies geschieht im Übrigen unabhängig davon, ob man sich bewusst für eine bestimmte emotionale Designkomponente entschieden hat oder nicht – man kann nicht »nicht kommunizieren«.

Lange Laufzeiten

Ein weiterer wichtiger Punkt an einer Designlinie für einen Fuhrpark einer Einsatzorganisation ist normalerweise deren Laufzeit.

In einem Bereich, in dem einige Fahrzeuge durchaus auch mal zehn oder mehr Jahre gefahren werden und Fuhrparks nur in den seltensten Fällen komplett ausgetauscht werden, wäre es nicht zielführend, Designlinien umzusetzen, die so stark im Zeitgeist verhaftet sind, dass man sich nach drei oder vier Jahren an ihnen »satt gesehen« hat.
Ein verantwortungsbewusstes Fuhrpark-Design hat dementsprechend immer eine gewisse Zeitlosigkeit
zum Ziel.

Skalierbarkeit

Diese zu erreichen, ohne dabei zu »altbacken« zu wirken, ist genauso eine Herausforderung für die Entwicklung von Designlinien wie die Skalierbarkeit des grafischen Konzeptes über die unterschiedlichsten Fahrzeugklassen, -hersteller und Baujahre hinweg.

Werden solche Faktoren im Entwurf nicht berücksichtigt, dann besteht immer das Risiko, dass fahrzeugspezifische Formen, wie die berüchtigte Sicke des Mercedes-Benz Sprinters W906, ungewollt zum Designelement werden – inklusive der optischen Unstimmigkeiten, die in der Folge durch ein Aufbringen solcher auf anderen Fahrzeugen zwangsläufig entstehen.